User:Lyzzy/16 questions/de
When I asked the Wikimedia Deutschland Board for an endorsement for a new candidacy for the WMF Board in February 2012 they asked me to answer 16 questions. I published their questions and my answers in my private blog, but I'm happy to follow Pierre-Selim's suggestion and post the whole piece here on meta once more. You find the original at User:Lyzzy/16 questions/de. When I translated the text, I realized that I should have written it in English firsthand. That probably would have resulted in shorter sentences and more clarity. (I put in the category "things to consider in the future".)
Künftige Strategie und Strukturen der Wikimedia Bewegung
Wo siehst du die strategischen Schwerpunkte der Arbeit der WMF?
Die Schwerpunkte der Arbeit der Wikimedia Foundation (WMF) liegen aus meiner Sicht weiterhin vor allem in den beiden Bereichen a/ technische Bereitstellung und Produktentwicklung und b/ Vergabe von Förderungen an Organisationen und Einzelpersonen. Was in der Wikimedia-Welt als Narrowing Focus der WMF bekannt ist, ist gerade einmal 1,5 Jahre alt und noch sind nicht alle internen Abläufe und Strukturen entsprechend abgebildet. Deutlich wird aber bereits jetzt, dass im Bereich der Produktentwicklung neue Prozesse zu mehr Kreativität und auch zu konkreten Veränderungen (zum Beispiel Ablösung der großen seltenen Updates der Software durch kleine Updates in kleinen Abständen und damit kontinuierliche Verbesserung) geführt haben und dass im Bereich der Förderungen neue Angebote entwickelt werden. Beide Gebiete brauchen noch viel Aufmerksamkeit und müssen sich weiterentwickeln, um die Ergebnisse zu erzielen, die der Bedeutung unserer Projekte angemessen sind. Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen, und daher sollten die Schwerpunkte sich im Moment noch nicht verschieben.
Darüber hinaus muss die Attraktivität der Wikimedia-Projekte noch mehr Beachtung finden, wenn wir sicherstellen wollen, dass das, was bisher geschaffen wurde, auch über die nächsten Jahre hinweg genutzt und verbessert wird. Wikimedia-Projekte wie die Wikipedia dürfen ihre erworbene Reputation nicht verlieren, andere wie Commons oder Wikisource sind von einer ähnlichen öffentlichen Beachtung noch weit entfernt. Benutzerfreundlichkeit und ein ansprechendes Design sind dabei ebenso wichtig wie Qualität und Quantität der Inhalte. Wenn die Projekte für die freiwilligen Autoren, Fotografen und Entwicklern nicht mehr attraktiv sind und ihnen nicht das bieten, was sie für ihre Arbeit brauchen - und das können technische Funktionen ebenso sein wie die Wertschätzung ihrer Arbeit oder die Findbarkeit und externe Weiternutzung der Beiträge - dann gehen sie oder sie bleiben gleich weg. Wenn die Projekte für die Leser und Nutzer nicht mehr attraktiv sind und diese ihre Informationen woanders holen, haben wir unser Ziel verpasst.
Hohe Zugriffszahlen sind gleichzeitig Engel und Dämonen. Die hohe Präsenz zeigt, wie wichtig die Wikipedia geworden ist, gleichzeitig wächst die Verantwortung für das, was dort geschaffen wird enorm. Auch wenn sich die Wikipedia nie als einziges Auskunftsmedium für Fragen aller Art gesehen hat, können wir doch nicht die Augen davor verschließen, dass es für viele Internetnutzer keinen Unterschied zwischen Google und Wikipedia gibt. Welche Auswirkungen das oder der erkennbare Trend sinkender Zugriffszahlen auf die Projekte hat, muss ebenso untersucht werden wie die Fragen nach Motivation und Frustration in den Projekten.
Was wirst du in den 2014 beginnenden Strategieprozess einbringen?
Die Fortschreibung des 5-Jahres-Plans der WMF und der 5-Jahres-Ziele, beides 2010 vom damaligen Kuratorium nach einem einjährigen öffentlichen Prozess verabschiedet, ist eine der Aufgaben der neuen Geschäftsführung. Wichtig ist dabei zunächst eine Form zu finden, die nicht nur realisierbar ist sondern auch der jetzigen Struktur und Ausrichtung der WMF entspricht und den beiden Kerngeschäften Engineering und Grantmaking sowohl grundlegende Stabilität als auch notwendige Flexibilität spendet. Ob das ein neuer 5-Jahres-Plan ist oder etwas anderes, in welcher Art und Weise er entsteht, ist noch nicht fixiert. Impulse und Perspektiven, die auf Erfahrungen aufbauen, die eine neue Geschäftsführung einbringt, können dabei sehr hilfreich sein. Denn bei aller Einzigartigkeit ist auch die Wikimedia Foundation in erster Linie eine Organisation, die eine große und wichtige Website betreibt. Und die Fördermittel vergibt. Das machen wir vielleicht anders als andere, aber nicht als Einzige.
Dass diese Website durch unzählige Freiwillige auf der ganzen Welt geschaffen wird und ohne diese auch gar nicht existieren würde, ist ein besonderer Aspekt, der sich natürlich auch in der strategischen Planung niederschlagen muss. Persönlich finde ich es besonders wichtig, den seit vielen Jahren noch nicht hinreichend geklärten Komplex der Organisationsstruktur der internationalen Bewegung anzugehen. Dies ist zwar eine Aufgabe, der sich vor allem das Kuratorium stellen muss, angefangen mit der nicht zu unterschätzenden Frage "Was erwartet die WMF von den anderen Wikimedia-Organisationen" bis hin zur finanziellen Förderung, die aber keinesfalls ohne Beteiligung derer erfolgen kann, die davon betroffen sind - regionale und thematische Organisationen, Benutzergruppen und Einzelpersonen rund um den Globus. Ich tendiere dazu, diese Überlegungen - unbestritten strategisch, dringend und schwierig - getrennt von der Fortschreibung de 5-Jahres-Plans anzugehen. Eine Art Parallelprozess, der sich mit dem Aufbau internationalen Bewegung beschäftigt, während sich die Fortschreibung vor allem auf die tatsächlichen Aktivitäten der Foundation konzentriert. Es ist noch zu früh zu sagen, ob und wie sich das realisieren lässt, aber dies ist sicher ein Themenfeld, in den ich mich wie im letzten Strategieprozess 2010 besonders einbringen werde.
War narrowing focus aus deiner und aus heutiger Sicht sinnvoll, und sollten die Chapter sowas auch betreiben?
Die Analyse und Feststellung von Kompetenzen, die Konzentration auf Schwerpunkte und die Verabschiedung von Aufgaben, die an anderer Stelle besser erledigt werden können, halte ich weiterhin für eine grundsätzliche gute Grundlage für Organisationen. Ganz egal ob WMF, Wikiversum, oder in anderem Umfeld. Für die Wikimedia Foundation, das habe ich bei Frage 1 bereits angerissen, war es ein guter und wichtiger Schritt. Einer, der unserer Organisation eine Kontur gegeben hat und unseren Mitarbeitern die Identifikation mit ihrer Tätigkeit ermöglicht.
Kernkompetenzen können nur entstehen, wenn sich Organisationen Gedanken darüber machen, was ihre eigentliche Aufgabe ist und welchen Stellenwert diese im Portfolio haben soll. Das wiederum öffnet den Weg zu Spezialisierung und zielgerichteter Weiterentwicklung. Wenn ich als Organisation in der Lage bin, zwei Sachen richtig gut zu machen, darin besser zu sein als andere, warum sollte ich mich dann dazu entscheiden, stattdessen 10 Dinge zu meinen Aufgaben zu erklären, die ich nur "irgendwie" erledigen kann? Nicht nur irgendein sondern ein richtig gutes Ergebnis zu erzielen schafft extern Vertrauen und intern Lust an der Tätigkeit und am Erfolg. Das ist auch unabhängig von der Größe einer Organisation.
Gerade jüngere Organisationen sollten bei thematisch neuen Angeboten und Überlegungen daher gründlich überlegen, ob es sich um ein Aufgabengebiet handelt, mit dem sie sich wirklich beschäftigen wollen. Und es im Zweifel auch gar nicht erst ausprobieren. Gleichzeitig sollten sie sich aber auch nicht zu stark selbst einengen und auch mal etwas Neues angehen. Wichtig ist dabei immer, dass das dann wirklich gewollt ist, dass das gekonnt wird, und dass die notwendigen Ressourcen gleich welcher Art vorhanden sind.
Wie sollen sich Freiwillige organisieren, wenn sie vom Movement unterstützt werden möchten oder Teil des Movements werden wollen? Auf der Basis von Ländern oder Sprachen oder Interessen?
Sie sollten sich vor allem so organisieren, dass es ihrem eigentlichen Anliegen zu Gute kommt. Ist ihr Anliegen sprachenorientiert, sollte die Organisation nicht an einer Landesgrenze Halt machen. Geht es um die Zusammenarbeit mit örtlichen Kulturorganisationen, macht es eher Sinn, regional tätig und auch ansprechbar zu sein. Weder sehe ich ein Modell, dass sich auf alle Situationen stülpen lässt, noch wünsche ich mir das.
Ich bin froh, dass es seit 2012 die Möglichkeit gibt, nicht nur regionale sondern auch thematische Organisationen offiziell durch die WMF anzuerkennen. Ich glaube allerdings nicht, dass das bereits der Weisheit letzter Schluss ist, denn es setzt auf den Gegebenheiten auf, die bereits da waren, ohne diese vom Grundsatz her zu hinterfragen. Und es packt Dinge zusammen, deren Unterschiedlichkeit möglicherweise größer ist als die Gemeinsamkeit. Gerade bei den regionalen Organisationen ist das erkennbar, europäische Chapter unterscheiden sich in ihrer Kultur, ihren Organisationsformen und ihrem Selbstverständnis deutlich von nichteuropäischen und selbst untereinander gibt es immense Unterschiede. Dennoch werden sie als gleich angesehen und behandelt und die Tendenz zur Verallgemeinerung führt dazu, dass sie als "die Chapter" wahrgenommen werden. Ich glaube, dass das die Entfaltungsmöglichkeiten und Kreativität sowohl bei Einzelpersonen als auch in Organisationen einschränkt und das Wikiversum als Ganzes träge macht. Ich wünsche mir daher individuellere Kriterien und gleichzeitig allgemeinere Kategorien für Wikimedia-Organisationen. Oder ist es für die Sammlung und Verbreitung freien Wissens wirklich notwendig, zwischen Wikimedia Amical als thematischer und Wikimedia España als regionaler Organisation zu unterscheiden? Es ist aber wichtig, sie jeweils so zu unterstützen, dass sie in diesem Sinne das Beste aus ihren individuellen Möglichkeiten machen können.
Als "Teil des Movements" sehe ich aber auch die vielen Individuen, denen unsere Mission am Herzen liegt, die sich in Diskussionen beteiligen, an Konsultationen wie die zur Überarbeitung der Markenrichtlinien teilnehmen und sich engagieren, ohne in irgendeiner Form an formalen Strukturen Interesse zu haben. Und daher beschränkt sich Förderung und Unterstützung auch nicht auf Organisationen sondern schließt Einzelpersonen ausdrücklich mit ein. Insofern sind diese im Regelfall auch bereits Teil des Wikiversums, wenn sie ein gemeinsames Interesse oder Anliegen finden und sich organisieren möchten.
Die Vielfältigkeit der Möglichkeiten, die Idee des freien Wissens zu verbreiten, sollte kreativ genutzt werden, auch bei der Organisationsform. Ich nehme eine zunehmenden Tendenz wahr, Regelungen bei der Anerkennung und bei der Finanzierung von Organisationen zu schaffen, die zwar auf der einen Seite Sicherheit bieten und Nachvollziehbarkeit versprechen, auf der anderen Seite aber Korsette schaffen, die jegliche Innovation beschränken. Hier brauchen wir mehr Gestaltungsspielräume und mehr Freiheit und unser aller Mut, diese auch zuzulassen.
Wie ist die Koordination mit anderen internationalen Playern in Fragen von Kultur und Bildung?
Die Wikimedia Foundation ist zuständig für ein ganz besonderes Teilstück im Bereich Kultur und Wissen, nämlich dem des Betriebs der Wikimedia-Projekte, auf denen Freies Wissen durch Freiwillige gesammelt und verfügbar gemacht wird. Auch wenn ich sonst gerne daran erinnere, dass wir nicht in allem, was wir tun, besonders und unvergleichbar sind - hier ist es schon der Fall und die Notwendigkeit einer Koordination mit anderen erschließt sich mir nicht ohne weitere Informationen zum Ursprung der Frage. Für Themen im GLAM-Bereich würde ich aber auch gerne an meine Kollegin Phoebe verweisen, die aus dem Bibliothekswesen kommt und daher einen engen Bezug hat, den sie auch in ihre Arbeit im Kuratorium einfließen lässt.
Grundsätzlich läge eine solche Koordination oder Kooperation wahrscheinlich außerhalb unserer im Narrowing Focus umrissenen Kernbereiche und dazu es ist ein Bereich, in dem die Wikimedia-Organisationen Großes leisten. Kultur und Bildung können im Regelfall vor Ort weitaus effektiver behandelt werden. Wer in dem Bereich tätig ist, weiß, dass es einen langen Atem und regelmäßige persönliche Kontakte braucht, zudem gibt es kaum Muster, die sich international wiederholen. Was aus meiner Sicht daher zielführender als eine Zuständigkeit der Wikimedia Foundation ist, ist die Förderung der lokalen Aktivitäten und des internationalen Austauschs zum Beispiel auf der GLAM-Wiki-Konferenz.
Wer soll zukünftig die Entwicklung der Wikimedia Organisationen begleiten? Wie kann ein nachhaltiger Entwicklungsprozess der Organisationen gewährleistet werden?
Das ist eine zentrale Fragestellung bei dem, was ich Organisationsstruktur des Wikiversums nenne. Solange aber nicht klar ist, in welche Richtung eine Entwicklung der Organisationen gehen soll, was ihr Selbstverständnis ist, welche gegenseitigen Erwartungen das Miteinander von WMF und den Wikimedia-Organisationen bestimmen, fehlen für klare Vorstellungen noch wesentliche Grundlagen. Strukturanalysen sind notwendig, aber auch ein gemeinsamer Austausch, um hierbei einen Schritt weiterzukommen. Ich bin daher sehr gespannt auf die Ergebnisse des Chapters Dialogue. Erkenntnisse dieser Breite an Partizipation gab es bislang noch nie und ich erhoffe mir, dass sie eine gute Basis für die Entwicklung einer begreifbaren und verlässlichen Organisationsstruktur sind. Insofern bedaure ich es auch sehr, dass Wikimedia Deutschland das Projekt mit der Auswertung der Interviews beenden wird und sich von dort keine weiteren Schritte anschließen.
Grundsätzlich sehe ich bezüglich der Entwicklung zum einen einen Großteil Eigenverantwortlichkeit der Wikimedia-Organisationen, aber auch eine Verpflichtung seitens der Wikimedia Foundation. Jede Organisation sollte ein ganz eigenes Interesse daran haben, sich weiterzuentwickeln und dabei auch Eigeninitiative zeigen oder sich mit anderen zu diesem Zweck zusammenschließen. Die Foundation spielt dabei insofern eine Rolle, als dass sie ein Umfeld schaffen muss, in dem Platz für diese Eigenverantwortlichkeit ist. Es geht nur zusammen. Und es geht darum, Strukturen zu schaffen, die nicht sich selbst verwalten, sondern die Aktivitäten der Organisationen unterstützen und zum Erfolg führen.
Wie soll die Softwareentwicklung organisiert werden? Soll es einen oder mehrere zentrale Softwarestandorte oder ein weltweites, heterogenes Netzwerk sein?
Schon jetzt ist Softwareentwicklung im Wikiversum nichts, was hinter einer einzigen verschlossenen Tür passiert. Neben dem Entwickler-Team in San Francisco gibt es eine ganze Reihe von außerhalb angestellten oder beauftragen Entwicklern, darüber hinaus gibt es auch einen Stamm freiwilliger Entwickler. Und natürlich ist da auch noch Wikidata, dessen Entwicklung Wikimedia Deutschland realisiert hat. Gerade das letzte Beispiel zeigt, dass eine Aufteilung von Softwareprojekten sehr sinnvoll sein kann. Die Wikimedia Foundation hatte andere Schwerpunkte und daher nicht die Kapazitäten, das Projekt zu entwickeln. Wikimedia Deutschland konnte diese Lücke füllen. Was will man mehr?
Sowohl die zentrale Entwicklung als auch die Verteilung auf unterschiedliche Standorte hat jeweils Vor- und Nachteile. Seien es die unterschiedlichen Lohnkosten, Herausforderungen bei Kommunikation und Kooperation, Kontrolle des Zeitrahmens und Verifikation des Codes - es gibt nicht die eine einzig wahre Lösung. Wesentlich ist doch, dass die notwendige Beweglichkeit erhalten bleibt, je nach Art einer Aufgabe die beste Realisierung zu finden. Das kann eine regionale Organisation sein, die Softwareentwicklung mit einem konkreten Umfang übernimmt, das kann die Foundation selbst sein, wenn es um die regelmäßige Pflege und die Entwicklung und Implementierung von Teilprojekten hoher Priorität geht, dass können weiterhin Auftragnehmer oder Freiwillige sein. Und zwischen diesen Gruppen kann es auch zu Kooperationen kommen. Ich sehe keine Notwendigkeit und auch keinen aktuellen Anlass, die derzeitige Praxis in eine der genannten Richtungen hin zu reglementieren.
Stellung der Chapter im Movement
Wie stehst du generell zur Einrichtung weiterer Chapter und wie weit sollte deren Unabhängigkeit Deiner Meinung nach gehen? Wie siehst du die Chancen auf größere Unabhängigkeit auf kontinentaler Ebene, speziell für die Europäische Selbstbestimmung? Wie kann die unabhängige Stellung der Chapter innerhalb der Bewegung und konkret bei der WMF verbessert werden?
Ein ganzer Fragenkomplex - und dazu noch einer, der ausreichen würde, eine ganze Konferenz-Agenda zu füllen ;-) Wo fange ich an? Mit der Einrichtung weiterer regionaler Organisationen.
Ausschlaggebend für mein Votum zu den geänderten Voraussetzung für die Ernennung weiterer regionaler oder thematischer Organisationen war neben den Gründen, die in unserer FAQ erläutert werden, etwas ganz banales. Ich halte es für unverantwortlich, neue Organisationen zu bestätigen, ohne sich dabei darüber bewusst zu sein, a/ was von ihnen erwartet wird und b/ welchen Turbulenzen man sie aussetzt, solange die Grundlagen der Organisationsstruktur im Wikiversum nicht geklärt sind.
Immer wieder versuchte die Wikimedia Foundation in der Vergangenheit mit zumeist anlassbezogenen Änderungen die Strukturen und Funktionen im Gefüge der unterschiedlichen Wikimedia-Organisationen an die jeweilige Situation anzupassen. Ohne bösen Willen, aber im Ergebnis zu oft mit hohen Kollateralschäden wie spürbarem Vertrauensverlust verbunden. Ein konkretes Bild davon, wie das Gefüge aussehen soll, welche Verantwortlichkeiten wo verortet sind, welche Erwartungen in die eine wie in die andere Richtung existieren, ist aber meiner Meinung nach Voraussetzung für weitere Bestätigungen. Ich kann nicht auf der einen Seite Gruppen formell anerkennen, wenn ich auf der anderen Seite nicht deutlich machen mache, was ihre Arbeit für das Wikiversum bedeutet, welche Anforderungen existieren und wie sie sie erfüllen können. Hier ist das Kuratorium gefragt, wir können uns dieser Aufgabe nicht verschließen und wir können sie nicht ohne die Betroffenen lösen. Ich hoffe, es gelingt uns mit der anstehenden Fortschreibung des strategischen Plans auch diesen Punkt aufzugreifen, sei es als Teil der Fortschreibung, sei es ein eigenständiger Prozess, um diese Grundlagen zu klären und denen, die sich organisieren möchten, die notwendige Basis für ein längerfristiges und vertrauensvolles Engagement zu geben.
Die Sache mit der Unabhängigkeit ist vertrackst. Ja, die regionalen Organisationen sind rechtlich unabhängig, sie könnten theoretisch auch existieren, wenn es die Wikimedia Foundation (WMF) nicht gäbe. Aber würden sie das in der gleichen Form? Die Fragestellung lässt mich zurückfragen, welcher Misstand vorliegt, der durch mehr Unabhängigkeit (welcher Art?) behoben werden kann?
Die Wikimedia Foundation ist und war nie weisungsbefugt, und anders als zum Beispiel bei Greenpeace, agieren in den regionalen Organisationen die Vorstände, Präsidien und wie sie alle heißen grundsätzlich ohne jede Aufsicht oder direkte Einflussnahme der Foundation. Aber gab es jemals eine wirkliche Unabhängigkeit? Ich behaupte nein. Und das ist systembedingt. Die Spenden, die wir einnehmen, haben weder die WMF noch die regionalen Organisationen im eigentlichen Sinne erwirtschaftet, sie kommen zu einem großen Teil, um "die Wikipedia" zu unterstützen. Die Verwendung der Gelder kann den Spenderwillen also nicht ignorieren und die Herkunft der Gelder kann nicht festlegen, in welchem Land sie wieder ausgegeben werden. Auch wenn sich die Art der Verteilung der Spendengelder in den letzten Jahren verändert hat, war schon immer eine Aufteilung zwischen WMF und den spendeneinnehmenden Organisationen damit verbunden, und das ist eine der vielen interstrukturellen Abhängigkeiten, die wir nicht wegdiskutieren können.
Darüber hinaus gibt es auch eine systembedingte Abhängigkeit auf der Organisationsebene. Markenrechte, Datenschutzrechte, und auch die Verantwortung für Inhalte der Wikimedia-Projekte müssen geklärt sein. Das ist nicht banal und natürlich führt es zu Abhängigkeiten. Insofern war es für mich auch überraschend, dass sich in den Konsultationen zur Datenschutz-Richtlinie und zur Markenrichtlinie nur wenige Stimmen von Wikimedia-Organisationen finden, obwohl Änderungen hieran auch und gerade sie tangieren.
Dass es im Wikimedia-Umfeld Abhängigkeiten gibt, ist grundsätzlich wohl unbestritten. Sind sie schädlich für unsere Mission, freies Wissen zu verbreiten? Schädlich für unsere Projekte wie die Wikipedia? Ließen sich die einzelnen Organisationen tatsächlich aus dem Gesamtgefüge herauslösen, ohne ihre Grundlage der Existenz oder ihre Finanzierung zu gefährden? Ich weiß es nicht, mir ist aber auch nicht klar, welche Vorteile in einer unspezifizierten Unabhängigkeit liegen, ohne den konkreten Hintergrund der Frage zu kennen. Unabhängigkeit ist nicht per se etwas Erstrebenswertes, sie kommt im Regelfall einher mit zusätzlicher Verantwortung, redundanten Strukturen und einer Erweiterung der Aufgabenbreite. Das ist ein Abwägungsprozess, der sich natürlich auch an realen Gegebenheiten orientieren muss. Jede Verallgemeinerung entzieht den Überlegungen die Substanz und es macht aus meiner Sicht wenig Sinn, theoretische Konstrukte ohne konkreten Bezug zu erstellen.
Wohin soll sich die Struktur des Wikimedia Movement entwickeln? Soll es zentraler, mehr wie ein Clusterverbund oder heterogen werden?
Auch hier gilt, dass eben die Struktur verfolgt werden sollte, die dem Zweck am ehesten dient. Und dazu muss zunächst einmal geklärt werden, welchen Zweck das "Movement" verfolgt, wo Prioritäten liegen und welche Aufgaben an welcher Stelle erledigt werden. Wenn ich mir die unterschiedlichen Wikimedia-Organisationen ansehe, gibt es dort ganz unterschiedliche Auffassungen zu Zielen und Selbstverständnis, vom reinen Förderverein, der Treffen von Wikipedianern und Workshops unterstützen und ermöglichen bis hin zum gesellschaftspolitischen Ansatz mit weit über die Wikimedia-Projekte hinausgehenden Aktivitäten. Wo ist der gemeinsame Nenner, wo verstecken sich unausgesprochene Ansprüche und Erwartungen, wo gibt es Grenzen? Ist es sinnvoll, in einer Ebene zu denken und ein Organisationsmodell zu entwickeln, dem sich alle zu unterwerfen haben?
Ich kann mir durchaus auch unterschiedliche Layer vorstellen, auch solche, die jeweils unterschiedlich organisiert sind, und sich unter Umständen auch zum Teil überlappen. Je nach Zweck und Ansatz, so könnte es einen zentralen Ansatz für ein Themengebiet A geben und einen verteilter Ansatz für Themengebiet B. Vor allem aber sollte über kurz oder lang gewährleistet werden, dass sich der Flickenteppich, der sich auf der Weltkarte bezüglich der Wikimedia-Organisationen zeigt, zu einer möglichst flächendeckenden Abdeckung entwickelt. Vielleicht müssen wir dazu neue Wege gehen, Risiken wagen und etwas Neues ausprobieren, aber nur so kann die Aufgabenteilung zwischen Foundation und Wikimedia-Organisationen auch dort Gestalt annehmen, wo sie zur Zeit noch problematisch ist, und sei es mitten in den USA.
Ein anderer, noch unausgegorener und undiskutierter Ansatz wäre, die WMF auf den reinen Betrieb der Projekte, also die technische Bereitstellung und die Entwicklung mit einem zweiten Schwerpunkt auf der Förderung von Einzelpersonen und Organisationen zu beschränken. Grundsätzlich also eine ganz rigide Konzentration auf die Kernbereiche, die im Narrowing Focus festgelegt wurden. Wir alle wissen, dass das alleine nicht reicht, um die Projekte aufrecht zu erhalten, denn es gibt noch die Community, Autoren, Fotografen, Vereine und andere Organisationen. Warum aber muss sich dieselbe Organisation, die Kompetenzen in den Bereichen Engineering und Grantmaking aufbaut, auch um die Bereiche kümmern, die das soziale Gefüge unserer internationalen Organisation ausmacht? Wie so vieles im Wikiversum hat es sich so entwickelt, aber heißt das, dass es so auch bleiben muss? Wäre ein Aufteilung denkbar, in der der Community-Bereich, die internationale Struktur, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisationen und Einzelpersonen durch eine andere Ebene geplant und geführt werden? Ich bin dafür, auch mit einem solchen Gedanken ein wenig zu spielen und die Möglichkeiten und Risiken abzuwägen.
Wie soll die Rolle von Wikimedia Deutschland im Movement aussehen?
Wikimedia Deutschland hat aufgrund seiner Erfahrung, seiner Umsetzungskraft und auch seiner Fähigkeit, auch neue Wege erfolgreich zu beschreiten, einen großen Einfluss auf das gesamte Wikiversum. Für viele ist es ein Vorbild, für andere ein Feindbild, das lässt sich vermutlich auf dem Weg der Professionalisierung und mit dem Aufbau eines festen Mitarbeiterstabs nicht vermeiden. Nicht jede erfolgreiche Organisation muss sich wie Wikimedia Deutschland entwickeln oder dem nacheifern. Wikimedia Deutschland kann seine guten und auch schlechten Erfahrungen dennoch teilen, Mentor sein oder auch Bindeglied und Vermittler zwischen den unterschiedlichen Organisationen. Und Wikimedia Deutschland kann selbst auch von anderen Organisationen lernen. Ich sehe all das bereits abgedeckt, mit unterschiedlicher Intensität und abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Die detaillierte Ausrichtung und Festlegung der speziellen Rolle von Wikimedia Deutschland ist allerdings grundsätzlich Präsidiumsaufgabe, nicht die der Wikimedia Foundation.
Der FDC-Prozess
Wie wird der FDC-Prozess optimiert, dass es zukünftig zu einer besseren Einbindung der Chapter kommt?
Das Funds Dissemination Committee berät über die eingereichten Jahrespläne von (vorwiegend) regionalen Organisationen und erarbeitet Empfehlungen für das Kuratorium. Als der FDC-Prozess 2012 ins Leben gerufen wurde, war bereits sehr klar, dass er a/ sich in einer Testphase bewähren muss und dass er b/ mit dem Reiz des Neuen auch eine gewisse Wagnis verbunden ist. Niemand wusste, ob das überhaupt funktioniert, wieviel Aufwand damit verbunden ist und ob die unerprobten Prozesse sich in der Realität bewähren. Um das zu verfolgen, ist der Prozess von Beginn an von einer Beratungsgruppe begleitet worden, und die Entwicklung wird regelmäßig überprüft und dokumentiert. In den Jahresbericht 2012-2013 sind entsprechend viele Informationen unterschiedlicher Gruppen eingeflossen. Für die Weiterentwicklung des FDC ist 2014 das ausschlaggebende Jahr. Voraussichtlich im Mai wird die Beratungsgruppe einen wesentlichen Teil ihrer Aufgabe angehen, nämlich Verbesserungen und Änderungen vorzuschlagen und diese mit der Geschäftsführung der Wikimedia Foundation zu diskutieren. Das Kuratorium hat dann im weiteren Verlauf darüber zu entscheiden, ob der FDC-Prozess weitergeführt wird wie bisher oder ob er verändert oder gar abgeschafft wird.
Ich gehe davon aus, dass es Veränderungen geben wird, gerade von Wikimedia Deutschland gab es ja bereits fundierte Kritik, die wie ich vermute auch von der Beratungsgruppe aufgegriffen wird. In welcher Form das passiert, kann heute noch nicht gesagt werden. Es liegt eine große Verantwortung bei der Beratungsgruppe, deren Kompetenz und Erfahrung aber gute Voraussetzungen dafür sind, Kritikpunkte zu analysieren und Verbesserungen vorzuschlagen. Eine ebenso große Verantwortung liegt bei der WMF, dieses Input in die Entscheidung einfließen zu lassen.
In diesem Zusammenhang ist auch mein Votum gegen eine Kappung des Gesamtbudgets des FDC zu verstehen. Ich halte nichts davon Lösungen zu implementieren, bevor nicht klar ist, was genau das Problem ist und ob es durch die Maßnahme überhaupt behoben werden kann. Und selbst als Signal eignet sich die Entscheidung nicht, denn Wachstum ist meiner Meinung nach nicht per se schlecht, es sollte allerdings gut begründet sein. Dennoch kann ich die Entscheidung des Kuratoriums gut mittragen, denn zum einen ist sie zeitlich beschränkt, zum anderen ist auch das ein möglicher Teil der Evaluation.
Siehst Du den FDC-Ansatz als gescheitert an?
Ich sehe den FDC-Prozess vor allem als Prozess in Progress. Was wir heute sehen ist Version 1.0.x. Bislang gab es kleinere Anpassungen, aber größtenteils entspricht der Prozess noch dem Rahmen der 2012 entwickelt wurde. Und ich bin froh, dass das so ist und zunächst ein ausreichend großer Erfahrungszeitraum geschaffen wurde, der nun evaluiert wird. Aus dieser Evaluation werden voraussichtlich Veränderungen erwachsen, vielleicht eine Version 2.0. Und das finde ich gut. Ein Prozess, der in der letzten Runde im Herbst 2013 an 11 regionale Wikimedia Organisationen insgesamt 4.432.000 $ vergibt, kann ich nicht als gescheitert ansehen. Insbesondere nicht, da diese Mittel mit der Überzeugung vergeben wurden, dass sie sinnvoll für die Projekte und die Community verwendet werden, um Freies Wissen zu fördern und weiter zu verbreiten. Würden sie nicht so verwendet, das wäre Scheitern.
Rolle des Board of Trustees
Welche Rolle spielt die Meinung der Chapter bei weitreichenden Entscheidungen des Boards, die nicht nur die WMF betreffen? Wie kann der Kommunikationsprozess hier verbessert werden?
Die Frage ist doch eher, welchen konkreten Einfluss die regionalen (und thematischen) Organisationen auf Entscheidungen des Kuratoriums ausüben möchten. Hierzu habe ich schon ganz unterschiedliche Überlegungen gehört, hin bis zur kompletten Entscheidungsübernahme durch Abstimmungen in der Community. Bei all dem müssen wir jedoch bestimmten rechtlichen Maßgaben folgen, in unserem Fall ist das Recht des Staates Florida und unsere grundsätzlichen Pflichten als Kuratorium. Jedes Aufsichtsgremium muss zum Wohle der Organisation von Zeit zu Zeit Entscheidungen treffen, die nicht auf jubelnde Zustimmung stoßen oder die Community bzw. Mitglieder außen vor lassen. Das gilt für die WMF genauso wie für die regionalen Wikimedia-Organisationen.
Natürlich sollten diese Entscheidungen nicht ohne jeglichen Input der Betroffenen erfolgen. Das Kuratorium der WMF greift hierzu insbesondere auf die beratenden Komitees FDC und AffCom zurück. Vor allem bei den letzten Entscheidungen mit Bezug zu Movement Roles wurde deutlich, dass hier die Erwartungen und Wahrnehmungen auseinander klaffen und das zukünftig klarer und deutlicher kommuniziert werden muss, dass ein Kuratoriumsbeschluss zu einem bestimmten Thema ansteht. Grundsätzlich denke ich aber, dass das der richtige Weg ist und die Einbeziehung dieser Gremien die Beschlussgrundlagen des Kuratoriums effektiv bereichern kann.
Das bedeutet nicht, dass dieser Austausch nicht auch deutlich verbessert werden könnte. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass die Beratungsunterlagen, die das Kuratorium erhält, nicht nur dem Kuratorium sondern auch der Community früher zur Verfügung gestellt werden. Ob es dem Kuratorium in der Vorbereitungsphase einer Sitzung dann wirklich möglich ist, mit der Community über diese zu diskutieren, wäre einen Versuch wert. Es sollte aber die bereits jetzt sehr langen Entscheidungswege im Kuratorium nicht noch weiter ausdehnen und es muss allen Beteiligten klar sein, dass die Beteiligung an einer Entscheidung nicht zwangsläufig heißt, dass eine Empfehlung unverändert übernommen wird.
Siehst du das Board als Gremium der WMF oder der gesamten Wikimedia Bewegung?
Eine der für mich überraschenden Erfahrungen ist, dass das Kuratorium von unterschiedlichen Personen und Organisationen unterschiedlich wahrgenommen und auch gefordert wird. Das war mir vorher einfach nicht bewusst. Persönlich sehe ich das Kuratorium in erster Linie als Aufsichtsgremium der Non-profit-Organisation WMF. Das heißt, es hat die Verantwortung für diese Organisation und deren Zielerreichung. Die allerdings ist eben nicht nur im Verantwortungsbereich der WMF sondern in erster Linie abhängig von denen, die unsere Projekte, egal ob Wikisource, Wikipedia oder Commons, mit Inhalten füllen. Das eine geht nicht ohne das andere. Es gibt verschwimmende Grenzen und so kommt es immer wieder vor, dass das Kuratorium angerufen wird, zum Beispiel um etwas gegen die Massenlöschungen auf Commons mit Bezug zum URAA zu tun, um den Beschluss zu Artikeln über lebende Personen auch um Fotos und andere Medien zu erweitern und vieles mehr.
Wir müssen also derzeit vor allem einen Weg finden, diese Doppelfunktion möglichst konfliktfrei auszufüllen. Das gelingt uns mal mehr und mal weniger gut. Ich bezweifle, dass der Versuch, beide Ebenen abzudecken, auf Dauer funktionieren kann, ohne auf der einen oder der anderen Seite Mängel akzeptieren zu müssen oder sich selbst zu zerreißen. Das liegt einfach daran, dass es unterschiedlicher Fähigkeiten, Interessen und Kenntnissen bedarf, eine Organisation mit 200 Mitarbeitern zu beaufsichtigen oder eine Führungsrolle in einer Community von Einzelpersonen und Organisationen übernehmen und mit ihnen die Richtlinien zu entwickeln, die für die Projekte und Organisationen von Belang sind. Ich habe das schon einmal angesprochen, der Gedanke, die beiden Bereiche zu trennen, ist aus meiner Sicht eine Diskussion wert.
Deine Vision für das Wikimedia Universum
Wie sähe ein Wikimedia-Organisationsmodell aus, das du zeichnen würdest, wenn du heute mit einem weißen Blatt Papier anfangen würdest?
Die jetzige Struktur hat sich aus sich selbst heraus entwickelt. Als 2004 Wikimedia Deutschland gegründet wurde, war ein Grund dafür ein nachvollziehbarer Gedanke: Den Spendern die Möglichkeit zu geben, ihre Spenden steuerlich absetzen zu können. Es folgten viele andere Organisation demselben Muster, auch wenn sie andere Zielrichtungen hatten, andere Bedarfen und andere Vorstellungen über das, was ihre Organisation eigentlich machen will und kann. Dennoch wurde lange auf immer die gleiche Organisationsform und Einbindung in das Wikiversum vertraut. Wird ein so enger Entwicklungsspielraum einer internationalen Organisation, deren Projekte von Freiwilligen geschaffen werden, überhaupt gerecht? Ich glaube nicht. Insofern begrüße ich, dass es seit 2012 auch für thematische Organisationen unabhängig von Landesgrenzen und für Benutzergruppen ohne formelle Organisation möglich ist, offiziell von der Wikimedia Foundation anerkannt zu werden und damit Rechte zu erhalten, die sie für ihre Arbeit brauchen. Ich glaube aber nicht, dass dieses Modell einer Organisationsstruktur bereits dasjenige ist, was unserem gemeinsamen Ziel, Freies Wissen zu sammeln und zu verbreiten in bester Weise dient, das Beste aus den Menschen und Organisationen in unserem Movement herausholt und ihnen dafür das Beste zurückgibt.
Was ich daher machen würde, wäre zunächst einmal, den Zeichenstift aus der Hand zu legen. Und dann würde ich viele Gespräche führen, mit meinen Kuratoriumskollegen, mit meinen Mitarbeitern in der Foundation, mit regionalen Organisationen und allen, die den Wunsch verspüren, Teil des Wikiversums zu sein. Sowas wie Chapters Dialogue (deshalb bin ich auch so neugierig auf die Ergebnisse). Und ich würde mir Analysten holen, die mir Zahlen beschaffen zu Geldflüssen, Effektivität und internationaler Abdeckung. Dazu Wissenschaftler und andere NGOs, mit denen ich unterschiedliche Organisationsmodelle und ihre Erfahrungen damit diskutieren würde. Soziologen, damit ich deren Erkenntnisse über Motivation von Ehrenamtlichen, speziell in unserem Projektumfeld, einbeziehen kann. Visionäre und Zukunftsforscher. Und sicher noch viele mehr. Und erst dann würde ich den Stift wieder in die Hand nehmen.
Wie sieht dein Idealbild des Wikimedia-Universums in 5 oder 10 Jahren aus?
- Es ist noch da - lebendig, sichtbar und vielfältig.
- Es ist ist flexibel, auf das Wohl der Wikimedia-Projekte ausgerichtet und von diesen geschätzt.
- Es weiß, an welchen Stellen es (vielleicht noch) einzigartig ist und an welchen Stellen es auf bewährte Rezepte von außerhalb des Wikiversums zurückgreifen kann.
- Es macht Spaß, sich darin zu engagieren.
- Es schätzt und vertraut auf alle Menschen, die darin werkeln, und ihren jeweiligen Beitrag.