Wikimedia Deutschland/Präsidium/Diversität im Präsidium

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Das 6. Präsidium von Wikimedia Deutschland

Das 6. Präsidium von Wikimedia Deutschland hat im Mai 2019 eine Arbeitsgruppe Diversity mit dem Ziel gegründet, die Zahl der Frauen im Präsidium zu erhöhen. Auf dieser Seite findet Ihr eine Übersicht der Ergebnisse und der Empfehlungen der Arbeitsgruppe, deren Umsetzung das Präsidium am 7. Dezember 2019 beschlossen hat.

Eine Arbeitsgruppe für mehr Diversität[edit]

Die Wikimedia-Mission besteht darin, alle Menschen am Wissen der Welt teilhaben zu lassen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass wir verschiedene Mitwirkende und Inhalte haben. Wo uns wichtige Stimmen fehlen, können uns auch wichtige Zusammenhänge und Informationen fehlen. Innerhalb des weltweiten Strategieprozesses wurde deutlich, dass das Thema Diversität und Zugangsgerechtigkeit eine ganz zentrale Rolle für die Zukunft unserer weltweiten Bewegung spielen werden. Die 2017 beschlossene strategische Ausrichtung der internationalen Wikimedia-Bewegung “Knowlegde Equity” formuliert ein klares Ziel: wir wollen unsere Bemühungen auf das Wissen und die Gemeinschaften konzentrieren, die von bestehenden Machtstrukturen und Privilegien außen vor gelassen worden sind. Wir wollen starke und vielfältige Gemeinschaften aufbauen und die sozialen, politischen und technischen Barrieren abbauen, die Menschen am Zugang zu freiem Wissen und an der Mitwirkung daran hindern. Was für die Wikimedia-Projekte gilt, gilt in gleichem Maße für unsere Organisation.

Bei der Wahl des letzten Präsidiums auf der 23. Mitgliederversammlung wurde deutlich, dass der Verein hier Nachholbedarf hat. Unter den 11 Kandidatinnen und Kandidaten für die sieben zu vergebenden Sitze im Gremium war nur eine Kandidatin. Die Mitglieder haben daher dem neu gewählten 6. Präsidium den Auftrag mitgegeben: Kümmert euch darum, dass ihr mehr Frauen motiviert, zu kandidieren! Natürlich bedeutet Diversität mehr, als das Verhältnis von Männern und Frauen in einem Gremium oder einem Verein zu verbessern. Aber zum einen kann die Zusammensetzung des Präsidiums eine Signalwirkung nach außen haben und die Vertretung von Frauen in dem Gremium bietet einen konkreten Einstieg in das große Feld Diversität. Zum anderen ist es auch für die inhaltliche Arbeit des Gremiums wichtig, dass wichtige Entscheidungen, die den Verein betreffen, nicht fast ausschließlich von Männern getroffen werden.

Um die Zahl der Frauen im bestehenden Gremium zu erhöhen, hat das Präsidium zunächst die Möglichkeit der Kooptation genutzt und erstmals ausschließlich nicht-männliche Personen dazu aufgerufen, sich im Präsidium von Wikimedia Deutschland zu engagieren. Seit Februar 2019 verstärken Helene Hahn und Mirjam Stegherr das Präsidium.

Um das Thema weiter zu verfolgen, gründete das Präsidium im Mai 2019 die AG Diversität mit Mirjam Stegherr als Vertreterin des aktuellen Präsidiums, Johanna Niesyto als ehemaligem Präsidiumsmitglied und dem Präsidiumsreferenten Moritz Rahm als hauptamtliche Unterstützung aus der Geschäftsstelle. Zunächst sollte es darum gehen, wie es gelingen kann, mehr weibliche und überhaupt mehr unterschiedliche Kandidatinnen und Kandidaten für künftige Präsidiumswahlen zu gewinnen und die Bedingungen im Verein dafür zu verbessern.

Konkret sollte die neu gegründete AG Diversity daher prüfen, wie Frauen für eine Kandidatur gewonnen werden können und wie die Zahl der Frauen im Präsidium gesteigert werden kann. Die die Ergebnisse wurden zum Wahlaufruf 2020 genutzt.

Vorgehen[edit]

Zunächst hat die AG zusammengetragen, welche Materialien es zu Diversität im Ehrenamt gibt, welche Maßnahmen andere Wikimedia-Organisationen ergriffen haben und was Wikimedia Deutschland bisher bereits in die Wege geleitet oder ausprobiert hat. Um das Projekt mit externer Fachexpertise zu unterstützen, wurde das Institut für Diversity Management beauftragt.

Im ersten Schritt hat das Institut in Zusammenarbeit mit der AG Forschung und Literatur zum Thema ausgewertet sowie Dokumente und Daten von WMDE und aus anderen Chaptern genutzt, um Hypothesen zu bilden, warum so wenige Frauen für das Präsidium kandidieren. Einige Daten:

  • Für die deutschsprachige Wikipedia hat die letzte Autor*Innen-Befragung von Wikimedia Deutschland 2016 einen Frauenanteil von zehn Prozent ergeben (2 Prozent "anderes").
  • Bei den Mitgliedern von Wikimedia Deutschland lag der Frauenanteil bei 20 Prozent, wobei der Anteil unter den aktiven Mitgliedern mit 12,6 Prozent noch geringer ist.
  • Bei den Kandidaturen für das Präsidium betrug der Frauenanteil seit dem Jahr 2010 durchschnittlich 21 Prozent. Die höchsten Werte gab es 2012 mit 33 Prozent und 2014 mit 27 Prozent, die geringsten 2013 mit 7 Prozent und 2018 mit 9 Prozent.
  • Im gewählten Präsidium waren seit 2010 durchschnittlich 25 Prozent der Mitglieder Frauen, mit der neu eingeführten Kooptation wurde seit 2016 ein Frauenanteil von 33 Prozent im Präsidium erreicht.

Im Verhältnis zur Mitgliederstruktur sind Frauen im Präsidium also nicht unterrepräsentiert. Sie wurden bisher auch nicht im Wahlprozess benachteiligt. Im Gegenteil: Wenn Frauen für das Präsidium kandidiert haben, war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie auch gewählt wurden.

Das bedeutet: Maßnahmen für mehr Diversität im Präsidium sollten damit einhergehen, dass die Diversität im Verein insgesamt gefördert wird. Andersherum kann es sich positiv auf den Verein auswirken und ein Zeichen für mehr Diversität setzen, wenn der Frauenanteil im Präsidium steigt.

Zur Überprüfung der Hypothesen wurden neun Frauen interviewt, die bereits für das Präsidium kandidiert haben oder Interesse an einer Kandidatur hatten. Die Befragungsgruppe setzte sich zusammen aus fünf Vereinsmitgliedern, die die AG über einen Aufruf gefunden hat, zwei Kooptationskandidatinnen sowie zwei ehemaligen/aktuellen Präsidiumsmitgliedern. Unter den Interviewten befanden sich zwei aktive Community-Mitglieder (Wikipedia-Community und Open-GLAM-/Tech-Community).

Anhand der Ergebnisse hat das Institut für Diversity Management mögliche Maßnahmen abgeleitet. Die Empfehlungen wurden im Oktober 2019 im Rahmen eines Workshops diskutiert und priorisiert. Neben den Leiter*innen des Instituts und den Mitgliedern der AG Diversity hatten weitere Präsidiumsmitglieder und Mitarbeitende der Geschäftsstelle an dem Workhop teilgenommen.

Auf dem Workshop wurden die Maßnahmen priorisiert und konkretisiert, bei denen die Gruppe der WMDE-Teilnehmenden den größten Effekt bis zu den Präsidiumswahlen 2020 gesehen hat. Nach dem Workshop hat die AG Diversity in einem letzten Schritt alle Maßnahmenvorschläge gesichtet und diejenigen weiter ausgearbeitet, die aus Sicht der AG das beste Verhältnis aus Wirkung und Umsetzbarkeit boten.

Im Ergebnis hat die AG Diversity dem Präsidium am 7. Dezember 2019 konkrete Maßnahmen zum Beschluss vorgelegt. Die Maßnahmen waren entsprechend dem Auftrag von der Mitgliederversammlung darauf konzentriert, mehr Frauen für das Präsidium zu gewinnen. Viele der Maßnahmen kommen aber nicht “nur” Frauen zugute, sondern können langfristig dazu beitragen, die Diversität insgesamt zu erhöhen und unterschiedliche Kandidat*innen für das Präsidium zu gewinnen. Das Präsidium hat einstimmig beschlossen, alle vorgelegten Maßnahmen umzusetzen.

Empfehlungen[edit]

Aktive Ansprache von Kandidat*innen[edit]

Der Forschungsstand, aber auch WMDE-eigene Erfahrungen aus den Präsidiumswahlen und der Kooptation haben nahegelegt, dass eine aktive Ansprache von Kandidatinnen ein entscheidender Hebel in der Gewinnung weiblicher Präsidiumsmitglieder ist. Die Befragung hat gezeigt, dass diese persönliche Ansprache und Ermutigung von den Befragten als extrem relevant hervorgehoben wurde und in allen Fällen, in denen ein Interesse geweckt werden konnte, eine Kandidatur tatsächlich erfolgte. Um noch größere Wirkung zu entfalten, sollte die aktive Ansprache daher weiter ausgebaut und institutionalisiert werden. Zudem ist wichtig, das Suchen und die Ansprache möglicher Kandidat*innen nicht auf den kurzen Zeitraum zwischen Kandidaturaufruf und Kandidaturfrist anlässlich der Mitgliederversammlungen zu beschränken, sondern als eine kontinuierliche Aufgabe zu verankern. Bisher ist mit dem Board Governance Ausschuss ein ehrenamtlicher Präsidiumsausschuss für die Ansprache von Kandidat*innen verantwortlich. Ein Ausbau und eine weitere Professionalisierung der Aufgaben wäre mit zusätzlichem Aufwand verbunden, der ehrenamtlich nur schwer gestemmt werden kann. Zudem ist unter Gender- und Diversity-Aspekten auch eine heterogene Zusammensetzung und Qualifikation (z.B. Sensibilisierung zu Unconscious Biases) desjenigen Gremiums wichtig, das für die Gewinnung diverser Kandidat*innen zuständig sein soll. Daher soll ein Konzept ausgearbeitet werden, wie die Kandidat*innenansprache künftig in einem neuen “Wahlkomitee” (Arbeitstitel) bestmöglich geleistet und in der Organisation verankert werden kann. Für die Ausarbeitung soll betrachtet werden, welche Modelle sich in anderen Vereinen oder Institutionen bewährt haben (z.B. Berufungs-/Besetzungsausschüsse in Wissenschaftsorganisationen) und welche Aspekte davon als best practices auf WMDE übertragbar sind. Ein Konzept soll 2020/2021 fertig ausgearbeitet sein, damit eine Diskussion und ggf. Entscheidung auf der 26. Mitgliederversammlung 2021 möglich ist. Um schon die Präsidiumswahlen 2020 in einer diverser besetzten Konstellation vorzubereiten, soll eine vorgelagerte AG Präsidiumswahlen gegründet werden, die vorerst aus den Mitgliedern des Board Governance Ausschusses und der AG Diversity besteht. Die AG Präsidiumswahlen ist für die Gewinnung von Kandidat*innen für die Wahlen 2020 zuständig, wobei der Schwerpunkt für die Wahlen 2020 auf der gezielten Ansprache von Frauen liegen soll. Dafür wurden schon im Kooptationsprozess 2019 wichtige Vorarbeiten geleistet, die genutzt und weiter ausgebaut werden können (Aufbau eines Pools geeigneter Kandidat*innen).

Maßnahmen

  1. Für die Vorbereitung der Präsidiumswahlen 2020 und die Ansprache von Kandidat*innen wird eine AG Präsidiumswahlen gegründet. Sie besteht aus den Mitgliedern des Board Governance Ausschusses und den Mitgliedern der AG Diversity und wird von der Geschäftsstelle untestützt.
  2. Ein Pool potentieller Kandidat*innen, der bereits seit vorherigen Präsidiumswahlen und v.a. seit dem letzten, nur für Frauen ausgeschriebenen Kooptationsprozess geschaffen wurde, soll systematisch weiter gepflegt und ausgebaut werden.
  3. Auf Basis bewährter Modelle aus der Praxis (z.B. Berufungsausschüsse in Universitäten oder Wahlkomitees anderer Vereine) und der Interviewergebnisse wird ein Konzept für ein Wahlkomitee (Arbeitstitel) erarbeitet und dem Präsidium zur Umsetzung vorgelegt. Aufgabe des Wahlkomitees ist, geeignete Kandidat*innen für das Präsidium zu identifizieren und für eine Kandidatur anzusprechen. Dabei sollen insbesondere die konkreten Aufgaben und die Zusammensetzung des Komitees spezifiziert werden.

Überarbeitung des Kandidaturaufrufs und -prozesses[edit]

Aus der Dokumenten- und Datenanalyse u.a. zu Unconscious Biases (unbewusste Denkmuster und Verzerrungen) aus dem Feld der Personalbeschaffung resultierte die Hypothese, dass es im ehrenamtlichen Kandidaturprozess ebenfalls Biases geben könnte, die dazu führen, dass sich Frauen seltener zur Wahl stellen. Die Interviews haben diese Hypothese eindeutig bestätigt. Ursächlich sind einerseits der Prozess selbst (z.B. sehr kurze Frist zur Kandidatur, Art der Verbreitung des Aufrufs - eher “versteckt” in den Einladungen zu Mitgliederversammlungen und an eine überwiegend männliche Mitgliedschaft adressiert). Andererseits ein Informationsdefizit zur Arbeit im Präsidium, das von den Befragten sehr klar benannt wurde: Für die Entscheidung zu kandidieren ist es wichtig, dass die Arbeit des Präsidiums greifbar ist. Was wird zum Beispiel von den Mitgliedern im Präsidium erwartet? Wie sieht die Arbeit konkret aus? Außerdem sollten sich in den Informationen für Kandidat*innen auch solche wiederfinden, die laut Analyse speziell für Frauen relevant sind, z. B. zum Mehrwert des Amts und zur Vereinbarkeit von Ehrenamt, Beruf und Familie. Um die Aufgaben von Präsidiumsmitgliedern aber auch die Rahmenbedingungen und Unterstützungsmöglichkeiten noch anschaulicher zu gestalten, sollten diese als Basis für die Ausschreibung vor jeder Wahl neu analysiert und formuliert werden.

Maßnahmen

  1. Die Anforderungen an die Präsidiumsarbeit werden in einem Suchprofil (z.B. Ziele, Kernaufgaben, Rahmenbedingungen) formuliert, das Grundlage für den Kandidaturaufruf ist.
  2. Der Aufruf und die für Kandidat*innen bereitgestellten Informationen werden inhaltlich optimiert und bias-frei gestaltet. Dazu gehört insbesondere: eine Prüfung und Beseitigung von Biases in der Darstellung der Anforderungen und in der sprachlichen Formulierung des Aufrufs (z.B. “kommunale” statt “agentische” Formulierungen; konkretere Informationen für Kandidat*innen, was die Arbeit im Präsidium bedeutet und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Unterstützungsmöglichkeiten wie z.B. die Übernahme von Kinderbetreuungskosten sollen klar kommuniziert werden.
  3. Die Verbreitung des Kandidaturaufrufs wird systematisiert und bias-frei gestaltet: Der Kandidaturaufruf soll künftig deutlich früher veröffentlicht werden (ca. 3 Monate vor Kandidaturfrist). Da die Mitgliedschaft von WMDE aktuell zu 80% männlich ist, soll der Verbreitungsradius erweitert werden, indem weitere Netzwerke für den Aufruf identifiziert und genutzt werden, über die mehr Frauen erreicht werden (schon in der Vergangenheit sind Frauen erst zu den Wahlen/zur Kooptation Mitglieder des Vereins geworden). Bis Februar 2020 wird ein Kommunikationsplan ausgearbeitet, wie und in welchen Stufen der Aufruf gestreut werden soll.
  4. Der Prozess für den Wahl- und Kandidaturprozess wird mit allen wesentlichen Prozessschritten dokumentiert. Eine erste Prozessübersicht soll für die Vorbereitung der Wahlen 2020 bis Dezember 2019 fertiggestellt werden, der Gesamtprozess soll nach den Wahlen bis September 2020 zur Übergabe an das 7. Präsidium dokumentiert werden.

Kommunikation und Information über die Präsidiumsarbeit[edit]

Die Interviews haben deutlich gemacht, dass die Arbeit des Präsidiums zu wenig bekannt ist und dadurch vor allem Frauen den Mehrwert des Amts nicht sehen. Dies ist jedoch wichtig, um eine Mitarbeit im Präsidium vor allem bei Zeitknappheit und den Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt höher priorisieren zu können als andere Zeitfelder. Gleichzeitig benötigen Frauen – ebenso wie Männer – Vorbilder, um sich selbst in der entsprechenden Position sehen zu können: Wenn ein Gremium als ganz überwiegend männlich wahrgenommen wird, kann dies auf Frauen abschreckend wirken. Die Befragung hat außerdem gezeigt, dass die Wahrnehmung und Vermutung der Arbeits- bzw. Diskussionskultur im Präsidium Einfluss auf eine Kandidaturentscheidung nehmen kann. Wo Mitglieder die Diskussionskultur und den Umgang miteinander im Präsidium erlebt haben, hat dies einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Dies wird aber vor einem Kontakt mit dem Präsidium nicht immer erwartet oder aufgrund von Erfahrungen aus anderen Kontexten (eigene Ehrenamtserfahrungen, Community) sogar anders vermutet. Die positive Diskussions- und Arbeitskultur im Präsidium aktiv und deutlich herauszustellen, ist daher ebenfalls eine wichtige Maßnahme.

Maßnahmen

  1. In einem ersten Schritt sollen weibliche Präsidiumsmitglieder, die es im Gremium gab und gibt, als Vorbilder für mögliche Kandidat*innen künftig besser sichtbar gemacht werden (z. B. Blogbeiträge, Einladung zur Mitgliederversammlung gemeinsam durch den Vorsitzenden und die stellvertretende Vorsitzende).
  2. Die auf der Website bestehende Unterseite zum Präsidium wird schrittweise weiterentwickelt, um die Arbeit des Gremiums anschaulicher darzustellen (z. B. wichtige Entscheidungen des Gremiums, Blogbeiträge von Präsidiumsmitgliedern etc.)
  3. Anknüpfend an die von der AG Kommunikation angestoßene Diskussion soll geklärt werden, ob das Präsidium eine stärkere Rolle in der Außenkommunikation des Vereins einnehmen kann und soll. Aus Diversity-Gesichtspunkten soll betrachtet werden, wie die Arbeit des Präsidiums in der Vereinskommunikation besser dargestellt werden kann und wie das mit der Herausforderung vereinbar ist, die zeitliche Belastung von Präsidiumsmitgliedern gering zu halten. Dabei ist auch die Frage zu prüfen, welche Ressourcen in der Geschäftsstelle für die Weiterentwicklung und Unterstützung der Präsidiumskommunikation verfügbar sind oder neu eingeplant werden müssen.

Rahmenbedingungen: Vereinbarkeit von Ehrenamt, Beruf und Familie und Unterstützungsmöglichkeiten für Präsidiumsmitglieder[edit]

Wie schon in der Literatur zum Ehrenamt als häufiger Hauptgrund für ein geringeres Engagement von Frauen in ehrenamtlichen Leitungsgremien identifiziert, hat auch die Befragung zu WMDE ergeben, dass die schwierige Vereinbarkeit von Beruf, Ehrenamt und Familie (aber auch anderen „Zeitkonkurrenten“ wie andere Ehrenämter, ein zeitintensiver Job oder Freizeit) häufig ein Grund für die wenigen weiblichen Kandidaturen ist. Allerdings hat die Befragung auch gezeigt: Wenn das Amt einen extrem hohen Mehrwert bietet, wird das Argument Zeitmangel zumindest teilweise „ausgehebelt“. Demzufolge besteht eine wichtige Handlungsnotwendigkeit zum einen darin, Vereinbarkeitsaspekte speziell für Frauen zu erleichtern und sicherzustellen, dass das Präsidium effizient und konstruktiv arbeiten kann. Zum anderen sollten der Mehrwert und die motivierenden Aspekte eines Engagements im Präsidium klarer kommuniziert werden. Die Interviews haben ergeben, dass als Signal an potenzielle aber noch zweifelnde Kandidatinnen Unterstützungsangebote hilfreich sein könnten, um tatsächlich bestehende oder nur selbst vermutete Qualifikationsdefizite ausgleichen zu können und diese nicht als Hürde für eine Kandidatur zu empfinden. Bei Wikimedia Deutschland gibt es schon jetzt viele Unterstützungsstrukturen und -angebote, die bei anderen NGOs nicht selbstverständlich sind. Dazu gehören u. a. ein hauptamtlicher Präsidiumsreferent, Onboarding-Prozesse für neue Präsidiumsmitglieder (z. B. Einführung in die Organisation Wikimedia Deutschland und Themen) sowie bedarfsbezogene Weiterbildungsangebote. Diese Punkte sollten zum Kandidaturaufruf 2020 noch konkreter dargestellt werden. Ein Ausbau der Angebote (z. B. Weiterbildungen) soll durch die Geschäftsstelle für das Onboarding des 7. Präsidiums weiter geprüft werden.

Maßnahmen

  1. Mit einer Umfrage wird erhoben, welche „Vereinbarkeitsbedürfnisse“ aktuelle/ehemalige Präsidiumsmitglieder haben, welche individuellen Rahmenbedingungen ihnen in ihrem Engagement wichtig sind und wo arbeitsintensive Aufgaben ggf. delegiert werden können. Davon ausgehend sollen konkrete Maßnahmen zur Entlastung und Unterstützung von Präsidiumsmitgliedern abgeleitet werden. Eine solche Klärung soll für jedes Gremium neu durchgeführt werden, um die jeweils individuellen Bedürfnisse zu erfassen.
  2. Bereits etablierte Unterstützungs- und Begleitungsangebote für neue Präsidiumsmitglieder nach einer Wahl (z. B. durch den Präsidiumsreferenten als hauptamtliche Kraft, Onboarding-Prozess) werden zum Kandidaturaufruf 2020 gut dargestellt. Weiterentwicklungen von Angeboten (z. B. Weiterbildungsangebote, Mentoringprogramme) werden durch die Geschäftsstelle geprüft und nach Bedarf/Machbarkeit umgesetzt.
  3. Möglichkeiten für eine Flexibiliserung und Verteilung der Arbeitslasten im Präsidiumsengagement werden geprüft. Dafür sollen schon existierende Modelle aus dem Personalwesen und dem Ehrenamt (z. B. das Teilen eines Amts durch zwei Personen über Jobsharing oder Rotationsmodelle) ausgearbeitet und auf ihre Anwendbarkeit für das Präsidium untersucht werden. Konkrete Modellvorschläge sollen dem Präsidium 2020/2021 zur Entscheidung über die weitere Umsetzung vorgelegt werden.

Sicherung einer Mindestanzahl von Menschen nicht-männlichen Geschlechts im Präsidium[edit]

Um dauerhaft einen Mindestanteil von Frauen im Präsidium sicherzustellen, bietet es sich an, das Instrument der Kooptation dafür zu nutzen. Gegenüber anderen Maßnahmen wie z. B. einer Quotenregelungen bietet die Nutzung des schon bestehenden Instruments den Vorteil, dass demokratische Prinzipien nicht weiter eingeschränkt werden. Zudem hat die Befragung gezeigt, dass durch die Kooptation auch Frauen für ein Engagement im Präsidium gewonnen werden können, die sich nicht direkt einer Wahl auf einer Mitgliederversammlung stellen würden.

Durch die letzten beiden Kooptationsprozesse konnte sichergestellt werden, dass der Frauenanteil im Präsidium 33 % beträgt. Dieser Anteil ist nach der Literaturauswertung des Instituts für Diversity Management auch die Schwelle, bei der Frauen als fester Teil eines Gremiums nach außen sichtbar werden und nicht mehr als “Exotinnen” wahrgenommen werden. Die AG Diversity schlägt daher folgende Regelung vor: Wenn bei den Präsidiumswahlen nicht mehr als eine Frau in das Gremium gewählt wird, sollten die zwei Kooptationsplätze nach der Erstellung des fachlichen Anforderungsprofils verpflichtend nur für Frauen ausgeschrieben werden dürfen. Diese Regelung würde somit nur greifen, falls weniger als zwei Frauen in das Präsidium gewählt werden. Werden zwei oder mehr Frauen gewählt, was durch die vielfältigen anderen Maßnahmen in diesem Projekt anvisiert wird, kann die Kooptation auch für andere Diversity-Aspekte genutzt werden. Um Geschlechterdiversität weiter zu fassen, soll diese Regel nicht nur für Frauen gelten, sondern auf Menschen nicht-männlichen Geschlechts ausgeweitet werden.

Maßnahmen

  • Zur Mitgliederversammlung im Juni 2020 wird eine Änderung der Satzung/Wahlordnung vorbereitet, die folgende Regelung ermöglicht: Wenn durch die Wahlen nicht mehr als eine Person nicht-männlichen Geschlechts gewählt wird, dürfen die beiden Kooptationsplätze nach Erstellung des fachlichen Anforderungsprofils nur für Personen nicht männlichen Geschlechts ausgeschrieben werden.

Verankerung und weitere Institutionalisierung von Diversity in der Gesamtorganisation[edit]

Von großer Bedeutung ist auch, wie divers die Gesamtorganisation ist und als wie divers sie von potentiellen Kandidat*innen wahrgenommen wird. Solange es unter den Mitgliedern nur etwa 20 Prozent Frauen gibt, bleiben die Möglichkeiten begrenzt, darunter viele Kandidatinnen für eine Wahl zu finden. Die Befragten haben außerdem signalisiert, dass für sie wichtig ist, sich als „in den Verein passend“ wahrzunehmen. Dies gelingt aber nur, wenn sie einerseits mehr Kontaktpunkte mit dem Verein haben (Kommunikation und Veranstaltungen) und sich dabei andererseits Wikimedia als ein vielfältiger Verein zeigt, in dem Frauen aktiv und willkommen sind. Der Verein hat dazu in den letzten Jahren bereits viele Maßnahmen gestartet und umgesetzt. So ist beispielsweise der Anteil von Frauen in Führungspositionen der Geschäftsstelle bis August 2019 auf 47 Prozent gesteigert worden; es wird kontinuierlich an einer Weiterentwicklung der Mitgliederkommunikation und der Kontaktpunkte für interessierte Menschen gearbeitet (z. B. Tag des Freien Wissens, Wikipedia-Aktionstag, Förderung lokaler Räume); in der Planung 2020 wurden Diversitätsziele der programmatischen Arbeit gestärkt und sichtbarer gemacht. Um die Arbeit des Vereins zu Diversität weiter zu verstetigen und noch systematischer zu steuern, sollte im nächsten Schritt geprüft werden, wie Diversität als ein wesentliches Grundprinzip für die Gesamtorganisation bestmöglich verankert und davon ausgehend in den verschiedenen Feldern der Organisation umgesetzt werden kann.

Maßnahmen

  1. Der Vorstand legt 2020 eine Empfehlung vor, wie Diversität als ein grundlegendes Prinzip für die Organisation Wikimedia Deutschland verankert und weiter operationalisiert werden kann.
  2. 2020 werden erste Maßnahmen analysiert und getestet, um in der Mitgliedergewinnung gezielter Frauen anzusprechen.
  3. Maßnahmen zur Sensibilisierung und Qualifizierung von Mitarbeitenden der Geschäftsstelle zu Diversity werden geprüft und benötigte Kompetenzen werden aufgebaut (Identifizierung, für welche Mitarbeitenden Diversity-Kompetenzen besonders wichtig sind und welche Kompetenzen für die jeweiligen Aufgaben benötigt werden).
  4. Schon existierende Maßnahmen zur Gestaltung der Mitgliederkommunikation, zum Ausbau von Kontaktmöglichkeiten für interessierte Menschen und zur diversitäts-sensiblen Gestaltung von Veranstaltungen (inbes. der Mitgliederversammlung als einem zentralen Kontaktpunkt für Mitglieder) werden kontinuierlich weiterentwickelt. Die hierzu aus dem Projekt der AG Diversity gewonnenen Erkenntnisse werden an die betroffenen Teams der Geschäftsstelle weitergegeben.

Fragen und Feedback[edit]

Wir freuen uns über Fragen und Feedback! Entweder an diversity@wikimedia.de oder auf der Diskussionsseite.